Interview: Regina Henschel über das Open Document Format
Heute reden wir mit Regina Henschel von der LibreOffice-Community, über das Open Document Format und Neuerungen in Version 1.3…
Was ist ODF, und warum ist es wichtig?
Es ist das File-Format, das in LibreOffice als natives File-Format dahinter steht. Es ist eine Norm, die wird von OASIS als Arbeitsorganisation entwickelt, und wird dann bei der ISO eingereicht, und dann zur Norm verabschiedet. Es gibt bei der ISO auch eine Arbeitsgruppe, die übrigens auch OOXML bearbeitet – die gleiche Arbeitsgruppe, und die dann noch Rückfragen haben, und so weiter.
Für ODF sind wir jetzt bei 1.3. Wir hatten im Sommer letzten Jahres Feature-Schluss. Wir sind jetzt so weit, dass alles was wir drin haben wollten, in der Editor-Version vorhanden ist. Die kriegt jetzt noch einen Feinschliff, dann sind wir wieder im Sommer – das war also ein ganzes Jahr. Dann kommt der Abstimmungsprozess bei OASIS, also zwei Jahren kann man rechnen, bis eine neue Version fertig ist.
Wie wird entschieden, welche neue Funktionen hinzugefügt werden?
Die Funktion muss ausgearbeitet werden, und da kommt es ein bisschen darauf an, wie gut der Vorschlag ist, den man bekommen hat. Es gibt manche Vorschläge, da steht drin etwas wie: „Wir möchten eine Funktion haben für Fourier-Transformation.“ Aber nichts weiter. Und da sagt man dann, so lange eine Implementation nicht vorhanden ist, die sich aktiv damit beschäftigt, schieben wir das auf die lange Bank. Das lohnt sich nicht, dass man sich als Normungsgremium damit beschäftigt, wenn es keine Applikationen gibt, die sich dafür interessieren.
ODF gibt es als „Strict“-Standard, also das was wirklich standardisiert ist, und es gibt ein „Extended Mode“, bei dem man in Applikationen neue Funktionen ausprobieren kann. Die laufen dann unter einem eigenen Namespace, und wenn das dann läuft, kann die Organisation einen Vorschlag machen für die OASIS: „Das läuft bei uns gut, nehmt das bitte im Standard auf.“
Dann können andere sagen: „Ja, wir möchten etwas Ähnliches machen, uns wäre es aber günstiger, wenn wir das nicht so nennen würden, sondern so.“ oder „Wir brauchen noch ein zusätzliches Attribut, damit das bei uns passt.“, zum Beispiel. Bei so etwas diskutiert man dann.
So sind zum Beispiel reingekommen, für LibreOffice, die Möglichkeit bei den Charts, die Größe unabhängig von der Beschriftung festzulegen. Im alten Standard kann man nur die Größe einschließlich Beschriftung setzen. Das heißt, das hatte dann den Effekt, wenn sich mal die Daten geändert haben, und sich dann die Beschriftung geändert hat, dass sich dann die Größedes Diagramms änderte. Also das ist jetzt geändert in ODF 1.3.
Was wird noch gemacht? Bugfixes, wo dann Dinge drinstehen, die einfach falsch sind, oder die für Implementationen nicht klar genug sind. Was richtig falsch war, war zum Beispiel die Einheiten „at“ und „atm“ gleich zu setzen – das war definitiv falsch. Einmal ist eine Matrixform falsch gewesen.
Können „normale“ Leute Bugs einreichen?
Ja, man kann als „ganz normaler Mensch“, sozusagen, ohne in irgendeinem Gremium zu sein, kann man etwas an das Technische-Committee schicken. Es gibt eine Mailingliste, und auch eine Homepage, wo man sich über die Arbeit des Komitees informieren kann. Dort findet man auch einen Link zur Mailingliste – man muss sich anmelden, das ist Pflicht wegen Spam.
Das wird dann vom Komitee gelesen und beantwortet, und dann ist gut. Die zweite Möglichkeit mitzumachen ist, wenn das Komitee dabei ist eine neue Version zu erstellen. Diese wird dann zur Abstimmung bereitgestellt. Dann gibt es eine offizielle Zeit für Kommentare. Da ist die Regelung etwas strenger – das ist nicht freiwillig, was das Komitee macht, sondern das Komitee muss diese Meldung tatsächlich inhaltlich bearbeiten. Das sollte eine qualifizierte Antwort geben.
Der nächste Schritt, wo offizielle Beteiligung erfolgt, ist bei der ISO. Die haben den selben Offenlegungsprozess nochmal, wo dann entsprechend die Kommentare gesammelt werden. Dann bekommt das Technische-Komitee eine lange Liste von der ISO: „Wir haben diese Kommentare erhalten, bitte nehmt dazu Stellung.“
Das ist also ein Prozess, der sehr offen ist. Das ist eine der Gründe, die mich bewogen haben in dem Komitee mitzuarbeiten. Es ist nicht so, dass etwas geheim passiert, und dann ist auf einmal ein Standard da, sondern der Prozess ist total nachvollziehbar.
Das andere wo Interessierte gucken können ist: Es gibt ein Archiv der Mailingliste, und es finden wöchentliche Telefonkonferenzen statt.
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